Hermann – der süße Sauerteigstarter mit Geschichte.
Er wanderte in den 1970er-Jahren wie ein kleiner Kettenbrief von Küche zu Küche, lebendig und duftend, immer begleitet von einer handgeschriebenen Pflegeanleitung. Hermann ist mehr als Teig – er ist ein Sinnbild für Teilen, Weitergeben und Gemeinschaft. Erfahre hier seine lange Geschichte, wie du ihn selber ansetzt, pflegst, einfrierst – und warum Waldstaudenroggen sein urtümlicher Gefährte ist.
Hermann – ein Freund in der Küche
Es gibt Teige, die bäckt man, genießt man – und vergisst sie wieder.
Und es gibt Hermann.
Hermann ist kein gewöhnlicher Sauerteig. Er ist wie ein kleiner Gefährte in einer Schüssel – lebendig, blubbernd, manchmal launisch und voller Geschichte. Wer ein Glas Hermann bekam, erhielt nicht nur Teig, sondern ein Versprechen:
Ich gebe dir etwas Lebendiges, das du pflegen und weitergeben kannst.
Warum er „Hermann“ heißt, weiß niemand genau. Doch viele nannten ihn auch Freundschaftsbrot, Glückskuchen oder Vatikanbrot – und tatsächlich brachte er Glück, weil er Menschen verband.
Seite Urbrot backen von Jay T.Die Geschichte des Sauerteigs
Sauerteig ist eine der ältesten Brotbackmethoden überhaupt – über 5.000 Jahre alt. Schon im alten Ägypten entdeckte man, dass ein Teig aus Mehl und Wasser, wenn er einige Tage stand, von selbst lebendig wurde. Wilde Hefen und Milchsäurebakterien ließen ihn blubbern, machten ihn bekömmlicher – und verwandelten ein einfaches Fladenbrot in duftendes, luftiges Brot.
Von Ägypten aus verbreitete sich das Wissen über das Mittelmeer bis nach Europa. Die Römer hielten es in Schriften fest, und über Jahrhunderte wurde Sauerteig in fast jedem Haushalt gepflegt. Man gab ihn weiter, bewahrte ihn auf, fütterte ihn – wie ein lebendiges Familienerbstück.
Erst im 19. Jahrhundert, als Backhefe industriell hergestellt wurde, geriet der Sauerteig in den Hintergrund. Doch er blieb – als Symbol für Ursprünglichkeit, Handwerk und das achtsame Backen.
So ist Hermann ein moderner Enkel dieser uralten Sauerteiglinien – süßer, verspielter vielleicht, aber doch ein Teil derselben Geschichte.
Hermanns Geburt – so beginnt dein eigener Starter
Zutaten (Tag 1)
- 25g Roggenvollkornmehl
- 25g warmes Wasser
So geht’s:
- Ein ausgekochtes Marmeladenglas bereithalten – sauber und bereit für neues Leben.
- Mehl und Wasser einrühren (Verhältnis 1:1).
- Mit Küchenkrepp abdecken, mit Gummiband fixieren – atmungsaktiv und geschützt.
- 24 Stunden bei Zimmertemperatur ruhen lassen.
Füttern & großziehen (Tage 2–4)
- Jeden Tag Roggenvollkornmehl + warmes Wasser.
- Gut umrühren, abdecken, ruhen lassen.
- Nach 3–4 Tagen schlägt Hermann Bläschen, beginnt zu blubbern und riecht angenehm säuerlich – dann ist er lebendig.
Hermanns Pflege im Alltag
- Bei Raumtemperatur braucht er alle 3–5 Tage Futter.
- Im Kühlschrank schläft er etwas und genügt sich mit 7–10 Tagen Pause.
Vor dem Backen: 12 Stunden vorher herausnehmen, füttern und warm werden lassen.
Hermanns Winterpause – einfrieren & wiedererwecken
Manchmal darf auch Hermann ruhen. Du kannst ihn einfrieren oder trocknen.
Einfrieren:
- Ein letztes Mal füttern (25 g Mehl + 25 g Wasser), 1–2 Stunden blubbern lassen.
- In ein sauberes Gefäß oder Gefrierbeutel füllen, einfrieren (haltbar 6–12 Monate).
Wiedererwecken:
- Bei Raumtemperatur auftauen, einmal füttern, 24 Std. ruhen lassen.
- 1-2 Tage wiederholen, bis er wieder lebendig blubbert.
Auch getrocknet überlebt Hermann: dünn auf Backpapier streichen, trocknen lassen, im Glas aufbewahren. Zum Leben erwecken: in Wasser einweichen und mehrfach füttern.
Waldstaudenroggen – Hermanns urtümlicher Gefährte
Wenn Hermann für Gemeinschaft steht, dann ist der Waldstaudenroggen sein uralter Begleiter. Dieses Getreide wird seit Jahrhunderten fast unverändert angebaut und gilt als besonders bekömmlich und nährstoffreich.
Ein Sauerteigbrot aus Waldstaudenroggen schmeckt kräftig, erdig und fein malzig. Es hält lange frisch, macht lange satt und gibt seine Kohlenhydrate langsam ab – ideal für Körper und Geist.
Dazu schenkt er viele Ballaststoffe, Mineralien und Vitamine, die auch die Darmflora nähren. So entsteht ein Brot, das nicht nur schmeckt, sondern wirklich stärkt.
Bald mehr in einem eigenen Beitrag über Waldstaudenroggen und andere alte Vollkornschätze – damit dieses Wissen erhalten bleibt.
Hermann ist mehr als ein Rezept. Er ist Geschichte, gelebte Weitergabe – und vielleicht ein kleines Glück, das wächst, sobald man es teilt.
Warum die Zeit beim Sauerteig so wichtig ist
Viele haben mich gefragt, warum man Sauerteiglinge (das ungebackene Brot) eigentlich so unterschiedlich lange ( 12/16/20/24/36 Stunden) gehen lässt – ob das wirklich nötig ist oder ob man den Prozess auch abkürzen kann.
Die Antwort liegt – wie so oft – im Detail genauer gesagt in der Fermentierung selbst.
Sauerteig entsteht durch die Dauer des Gehenlassens, also durch Fermentierung. Verkürzen wir diese Zeit, wird weniger fermentiert und damit auch weniger Säure gebildet.
Alternativ kannst du einfach weniger Sauerteig zumischen (z. B. die Hälfte) und den Teig dafür 24 Stunden ruhen lassen.
Beides funktioniert – doch die Länge der Fermentierung hat Einfluss auf die Bekömmlichkeit:
Während der langen Ruhezeit werden die Stoffe in den Schalen des Vollkornroggens aufgeschlossen und dadurch für unseren Körper viel leichter verdaulich.
👉 Magst du vor allem den Sauerteig-Geschmack, kannst du die Gehzeit ruhig etwas verkürzen z.b. 12 Sunden Ruhezeit.
👉 Willst du deinem Darm und deiner Verdauung etwas Gutes tun, bleib bei der langen Ruhezeit z.B. 24 Stunden Ruhezeit – und nimm lieber etwas weniger Sauerteig.
💜 Persönliche Worte
Seit den ersten Tagen meiner Erinnerung liebe ich die Natur. Ich koche, backe und rühre mit Leidenschaft alles, was die uns die Natur schenkt. Die Düfte der Kräuter, das Aroma von frisch Gebacknes aus dem Ofen, das leise Knistern von geschmorten Gemüse und nicht zu vergessen die verführerischen Farben und Aromen knackigem Gemüse und saftig reifen Früchten – für mich ist das im wahrsten Sinne des Wortes himmlisch.
Schon die alten Griechen nannten diese feinen Pflanzendüfte „ätherische Öle“, abgeleitet vom Wort Äther – dem unsichtbaren Hauch, der alles durchdringt. Und so ist es auch für mich: Nahrung zuzubereiten ist mehr als Kochen. Es ist Kreativität mit allen Sinnen, oft ein bisschen meditativ – eine Art stilles Gespräch mit der Natur.
Besonders lebendig wurde dieses Gefühl, als ich auf einem Markt einer besonderen Frau begegnete, die genau diese Freude mit mir teilte. Wir spürten sofort, dass ein Seelendraht zwischen uns bestand. Kurz darauf besuchte ich einen Meditaions Workshop „ruhig Brot backen“ – und es war einfach fantastisch.
Auf einem wunderschönen Grundstück am Wasser bietet sie etwas Einzigartiges, wenn du Lust hast, Meditation und Brotbacken zu verbinden, schau dir ihre Webseite an – ich verlinke sie hier.: meditatives Brotbacken bei SeelenSchmeichler Coaching Dort vereinen sich Stille, Handwerk und Natur – und das Brot, das aus diesem Moment entsteht, trägt den Geschmack von Seele.
✨ Und genau darum geht es auch bei Hermann: ums Weiterreichen, ums Teilen und um die Freude, wenn etwas Lebendiges von Hand zu Hand wandert.
Und falls es für dich zu weit sein sollte: In meiner Duftschmiede greife ich diesen Faden auf. Auch hier kannst du das Backen mit Waldstaudenroggen erleben – ein Brot, das erdig, kraftvoll und zugleich fein ist. Lass dich gerne in meine Liste eintragen, dann halte ich dich über neue Workshop-Termine auf dem Laufenden oder du findest bereits einen Termin in meinem Veranstaltungskalender. 🌾✨
🌾 Resümee zum Brot-Workshop 🌾
Unser Workshop war erfüllt von Wärme – die Teige wurden mit Freude gerührt, das Kneten brachte uns ins Spüren, und unsere gemeinsame Brotzeit schenkte Geborgenheit. 🍞💛
Am nächsten Tag, beim Backen der Sauerteigbrote, sahen die Laibe von außen wunderschön aus – doch innen waren sie klitschig, fast flüssig. Ein Rätsel, das mich nicht losließ. Das Rezept für mein Waldstaudenroggen-Vollkornbrot kenne ich seit Jahren, vielleicht lag es am Mehl?
Also habe ich sofort nachgeforscht und ein Testbrot gebacken – mit neuem Mehl. Und es gelang: eine knusprige Kruste, würzig-aromatischer Duft, eine saftige, weiche Krume voller Saaten. Genau so, wie ein Sauerteigbrot aus Urgetreide sein sollte.
Die Wahrheit fand ich dann durch Zufall: Es lag gar nicht am Rezept oder am Mehl. Es war mein Umgang mit dem Messbecher.
Normalerweise wiege ich Wasser wie auch Mehl immer auf der Waage ab – weil Gramm und Milliliter bei Wasser gleich sind. Doch diesmal wollte ich es für uns alle schneller machen und habe zum Messbecher gegriffen.
Und genau da ist es passiert: Der Messbecher hatte zwei Skalen – links für Mehl, rechts für Wasser. Ich habe mein Auge wohl auf die 500 gestellt, statt auf die 0,5 Liter – und nicht darauf geachtet, dass ich eigentlich die falsche Seite im Blick hatte. So sind am Ende fast 200 ml mehr Wasser im Teig gelandet, als es hätte sein sollen.
Das erklärt, warum die Brote zwar von außen schön aussahen, innen aber klitschig blieben.
Meine allerersten beiden SauerBrote überhaupt waren noch zurückhaltend. Aber dann – mit Ruhe und Hingabe – entstanden wunderbare Brote. Ein Hochgenuss. Im Schaffen und im Genießen.
Heute sitze ich mit Freunden zusammen, wir rühren gemeinsam den Teig, manche sitzen lachend auf der Terrasse, und wir freuen uns auf die gemeinsame Brotzeit.
Ich habe verstanden: Sauerteig ist mehr als Brot. Es ist ein Lehrer.
Und vielleicht trägt er deshalb den Namen, den ich ihm nun gebe:
„RuhDolph Sauerteig“. 🙏🥖
Hier sind ein paar Bilder von meinen „Bäckerinnen“ die diese Brote nachgebacken haben :). Ob als schönes Rundes oder im Kasteb – ich finde sie sehen großartig aus und das Feedback war – „SUPERLECKER! und GESUND“

